Eppelein von Geilingen
Sie haben ihn gefangen
mit Spießen und mit Stangen,
von Geilingen, den Eppelein.
Das war ein Jubeln und ein
Schrei'n!
Die ganze Stadt war toll und
voll,
und was an Gift und was an
Groll
man schon seit Jahr und Tagen
geheim in sich getragen,
das machte sich gewaltsam
Luft:
der Erzhalunk, der Schelm, der
Schuft!
Kein Schmähruf wurde ihm
geschenkt;
denn morgen wird er ja
gehenkt.
Nun, da man ihn gefangen,
braucht keiner mehr zu
bangen,
daß, wenn er auf den
Strauchdieb schilt,
der Eppelein ihm das vergilt,
und eh' sich einer des versieht,
ihm etwas um die Ohren zieht,
der gottverlass'ne Räuber!
Die Männer wurden Weiber,
sprach einer nur den Namen
aus.
Nun wagt man wieder sich
heraus,
und selbst die Mädel wurden
Sie rückten an den Kappen
und zäumten ihm den Rappen.
Sie banden.fest den starken
Mann.
Hinaus zum Zwinger ging es
dann.
Die Gaffer waren
dichtgedrängt.
Die Alten schrien: "Hängt ihn,
hängt
den argen Leuteschinder!"
Und selbst die kleinen Kinder,
sie höhnten: "Eppel - Eppelin!"
und drehten Nasen nach ihm
hin,
wo der Gefangne finsterblaß
auf seinem schwarzen Renner
saß.
Er saß in stiller Lauer,
und wo die Außenmauer
steilrecht zum Graben fiel
hinab,
er seinem Hengst die Sporen
gab.
Ein Hurrahopp - Stoß rechts,
Stoß links
quer durch die Lanzenreihen
ging's,
und hoch trotz voller Rüstung
zwang er die Mauerbrüstung.
Die Wellen klatschten über ihn,
die Städter rannten her und hin;
doch eh' sie kamen an den
Rand,
kühn:
Heidi, heida, wir haben ihn!
Indes in schweren Sorgen
der Ritter schaut den Morgen.
Noch eine Bitte schenkt ihr
mir?
Wohlan, so bringt mein treues
Tier!
Bringt mir mein Roß zum
letzten Ritt!
Es geht so einen sanften
Schritt.
Zum Galgen soll's mich tragen,
ihr düffit mir's nicht versagen.
Ihr fürchtet doch nicht gar
Gefahr,
ich bin ja aller Waffen bar!
Da mußten sie zu Willen sein
von Geilingen, dem Eppelein.
er schon auf Nimmersehn
verschwand.
Das Stücklein hat von allen
mir immer gut gefallen.
Gar herzlich hab ich stets
gelacht,
wenn ich des Eppelein gedacht.
Und war er auch ein
Schnapphahn bloß,
als kecker Reiter war er groß,
der ohne langes Zagen
den rechten Sprung tat wagen
Zur rechten Zeit ein scharfer
Sporn!
Es geht kein Reitersmann
verlor'n,
wenn unter ihm ein Rößlein
schnaubt
und er noch an sich selber
glaubt.
Ernst Weber
Zur Geschichte des Eppelein